Historisches Teil IX
Neustart 1947. Vorsichtige Annährung an den Oberspayer Liederkranz - krachend gescheitert. Gründung des Karnevalvereins Rot- Weiß 1951. Abenteuerliche Anreise des Dirigenten

Am 1.9.1947 schreibt der MGV Eintracht Niederspay an die französische Militärregierung in St. Goar:
„Der Männergesangsverein Eintracht in Niederspay beabsichtigt, seine frühere Tätigkeit wieder aufzunehmen und bittet hierdurch um Genehmigung. Dem Verein liegt die Pflege des Volksgesanges ob. Ein politische Tätigkeit ist nicht ausgeübt worden und kommt auch für die Zukunft nicht in Betracht …“
In der Anlage werden 6 politische Fragen der in Aussicht genommenen Vorstandsmitglieder überreicht, die sämtlich nicht der NSDAP als Mitglieder angehört haben: Jakob Forneck, Jakob Deinet, Paul Reif, Peter Grünewald, Josef Vomfell und Fritz Kuhn.
Diesem Ersuchen hat die französische Militärregierung offenbar entsprochen. In der ersten Versammlung wird erfreut berichtet, das der langjährige Chorleiter Flugfelder die Chorleitung wieder übernehmen wolle.
Über die Zahl der im zweiten Weltkrieg gefallenen Vereinsmitglieder ist man sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Klaren. Das Arbeitspapier für die erste Versammlung zählt 7 Tote auf, der Bericht zum 100jährigen aber 12. Es waren W. Vomfell, G. Walter, R. Grünewald, H. Lauer, J. Lauer, Ecker, H. Knipp, A. Kron, R. Liesenfeld, L. Noll, J. Rüdell und J. Weingart.
Einen Eindruck von der Motivation gibt ein Brief des MGV an den Bürgermeister von Niederspay vom 24. 11. 1949: „Da unser Verein gewisse Verpflichtungen der Kirmesgesellschaft übernommen hat, um die alten Sitten und Gebräuche unserer geliebten rheinischen Heimat nicht ersticken zu lassen, sind wir u.a. auch gezwungen, jährlich den Kirmesbaum anzufahren und aufzustellen, sowie unseren Kindern am Martinsabend einen Weck zu überreichen.
(In diesem Jahr…) konnte ein Fackelzug mit Musik auf grund der schlechten finanziellen Lage des Vereins leider nicht durchgeführt werden. …für eine Gesangsstunde wöchentlich zahlen wir an unseren Dirigenten, einschließlich Übernachtung und Frühstück 14,00 DM, das sind in diesem Jahr alein 728,00 DM, ohne den Beitrag zum Kreissängerbund u.s.w.).“
Ein Jahr später kamen zehn Vereine mit weit über 600 Sängern zur 70-Jahr-Feier der Eintracht Niederspay.
Ein ganz bemerkenswerter Vorgang spielte sich im September 1951 ab. Acht Vorstandsmitglieder der Eintracht trafen sich in Oberspay mit 6 Vorstandsmitgliedern des Liederkranz um über einen eventuellen Zusammenschluss der Vereine zu sprechen. Das würde in jeder Hinsicht beiden Vereinen dienen. Das erwarte man sowohl hinsichtlich der gesanglichen Leistung als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Als erster Schritt sollte für das bevorstehende Stiftungsfest des MGV Liederkranz zwei Chorsätze gemeinsam eingeübt werden, schon um die Sänger aneinander zu gewöhnen. In der Eintracht hat man gespannt dagesessen und auf die Gäste vom Oberdorf gewartet, während dort in geheimer Abstimmung die Überlegung abgelehnt wurde. Dann wurde noch ein bisschen gestritten und das Projekt war gescheitert.
1953 wurde von Mitgliedern der Eintracht der Karnevalsverein Rot-Weiß gegründet. Etwa jedes zweite Jahr hat die Eintracht durch Auftritte in den Sitzungen oder durch Gruppen/Wagen in den Zügen den Karneval größer und schöner gemacht.
Beim Wertungssingen in Trechtingshausen 1954 trug die Eintracht unter Chorleiter Russy 2 Lieder vor und erhielt die Note „gut“.
Beim Wertungssingen in Boppard 1955 wurde die Note „sehr gut“ errreicht.
Der Dirigent Russy hatte einen aufregenden Arbeitsweg. Er fuhr von Oberlahnstein mit seinem Fahrrad mit Hilfsmotor nach Braubach und wurde von dort mit einem Nachen über den Rhein gerudert. Rudi Gronau und Wilfried Grünewald haben das geleistet. Mindestens bei der Rückfahrt herrschte Dunkelheit. Russy war ein sehr guter Dirigent und hat den Chor als Klangkörper geformt (kleiner fun fact: unser aktueller Dirigent kommt auch aus Lahnstein, hat aber glücklicherweise ein Auto, das auch meistens anspringt).